Ave's Place - Alltägliche Bösartigkeiten und der ganz normale Wahnsinn



Wir sind zu tolerant!

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Aus aktuellem Anlass nach Ewigkeiten mal wieder ein paar Zeilen von mir. Bin leider die letzten Wochen nicht dazu gekommen. Uni, Ehrenamt, etc. lassen halt doch nicht allzu viel Zeit. Wie dem auch sei.

Ein weithin bekannter Discounter hat in seinem aktuellen Sortiment ein Faschingskostüm, welches eine Nonne mit Minirock und Spitzen-Strumpfband darstellt. Einige empörte Bürger wenden sich daher mit der Bitte um Abhilfe an ihren Stadtrat. So weit, so anständig (von den Bürgern, natürlich).

Besagter Stadtrat, aus München, findet die Kritik grundsätzlich richtig, ist aber nach eigener Aussage überrascht ob der empörten Bürger. Zitat „Wir [sind] bei Geschmacklosigkeit gegen unsere eigene Religion derart tolerant, daß mich die Empörung wundert.“

Als ich das gerade gelesen habe hat bei mir sofort ein Denkprozess eingesetzt, welcher mich auch zu diesem Beitrag animiert.

Sind wir wirklich so tolerant gegenüber unserer Religion? Sind wir nicht insgesamt sehr tolerant gegenüber unserer Kultur, unserer nationalen Identität, also der Identität der Nation der Deutschen? Wer sind eigentlich wir?

Die letzte Frage vorweg. Könnte man nicht argumentieren, dass ein Mensch, der keine Gedanken an Religiosität verschwendet, vielleicht alternative Glaubensformen sein Eigen nennt, ein solches Kostüm einfach nur lustig findet und es nicht als gezielte Aussage versteht? Der (traditionelle) Fasching kennt ja viele Beispiele in dieser Richtung. Man braucht sich nur einmal zu überlegen was Elferrat, Rathaussturm, Prinzenpaar oder das Kölner Dreigestirn ursprünglich waren: Persiflagen, Verballhornungen der damaligen gesellschaftlichen Realitäten. Und da Fasching ist eben auch für Jedermann straffrei. Wenn jetzt also jemand eine Nonne, einen Priester, einen Mönch oder jedweden kirchlichen Würdenträger eben nicht als Würdenträger, sondern lediglich als Autorität einer von ihm nicht anerkannten Gesellschaft ansieht, wäre nicht gerade dann eine Persiflage auch wertneutral, oder deutungsfrei möglich?

Ich denke nicht. Denn der entscheidende Punkt hierbei ist, dass eine gewisse, gar nicht mal kleine Gruppe innerhalb der Gesamtgesellschaft sich hierdurch im religiösen Ehrgefühl berührt, ja sogar diskriminiert fühlt.

Hier kommt nun in mir die, durch die gesellschaftlichen Konventionen antrainierte politische Korrektheit durch. Fast wollte ich schreiben, dass eine solche gefühlte Diskriminierung ein derartiges Verhalten verbietet. Dem ist aber nicht so. Ich beanspruche für mich ja auch das Recht sagen zu dürfen, dass ich die organisatorische Struktur der islamischen Religion hierzulande für unzumutbar halte und dass ein Imam auch in der Türkei predigen soll, wenn er schon dort ausgebildet wird. Diese Aussagen berühren sicherlich nicht wenige Muslime an ihrer Ehre. So wie mich ein geschmackloses Nonnen-Kostüm berührt.

Wenn also Anstand und Pietät ein solches Kostüm nicht verbieten, dann kann das die sogenannte politische Korrektheit schon gleich gar nicht.

Wichtiger finde ich die Frage nach der Toleranz. Für meine Seite habe ich die Frage schon beantwortet. Ich bin gegenüber dem Umgang meiner Kultur, Religion und Nationalität insofern tolerant, als dass ich für mich selber keine weiter gefassten Schutzräume beanspruche, als ich sie anderen Menschen zuzusprechen bereit bin. Das kann natürlich mal mehr, mal weniger sein. Beim Thema Religion mache ich mich persönlich da wohl öfter sehr eng, was an meiner persönlichen Verbundenheit mit dem Thema liegt. Ich respektiere aber gleichzeitig auch Jedermanns persönliche Einstellung zu seinem Glauben und seiner Spiritualität. Zumindest solange Diskussionsbereitschaft besteht.

Es gibt diesen schönen Satz, dass man nur dann eine Brücke zu einer anderen Kultur bauen kann, wenn auf der eigenen Seite ein solider, gefestigter Brückenkopf steht. Wenn ich also gerade im Dialog mit anderen Kulturen/Religionen/Nationen meinen eigenen Standpunkt hinterfrage und kritisch betrachte, vielleicht auch mal einen etwas fraglichen Scherz lese/sehe/höre ist das in Ordnung. Aber nur unter der Prämisse, dass ich meinen eigenen Standpunkt eben auch kenne und bereit bin ihn zu verteidigen.

Wenn dieser Aspekt wegfällt, dann können wir wohl schon von einer zu großen Toleranz sprechen. Womit wir bei der Kernfrage wären: Haben wir Deutsche ein ausreichendes Verständnis von unserer Kultur, ein ausreichend großes Selbstvertrauen und bringen wir vor allem ein ausreichendes Maß an Mut und Willen auf für unsere Identität einzustehen?

Ich sage nein, ich weiten Bereichen ist dies nicht der Fall.

Gerade erst habe ich über die Deutsche Sprachwelt, eine Zeitschrift zum Erhalt der Deutschen Sprache, einen sehr aufschlussreichen Artikel über den Stellenwert der Deutschen Sprache in Europa entdeckt und gelesen. Bekannt ist, dass Deutsch einen untergeordneten Stellenwert innerhalb der Europäischen Union stellt, obgleich über 100 Millionen Einwohner der EU deutschsprachig sind. Der Unmut sich unserer Sprache zu bedienen geht nun mittlerweile soweit, dass einige Ländervertretungen bei der EU bereits ganze Veranstaltungen in englischer Sprache abhalten um sich etwaige Dolmetscher zu sparen. Nordrhein-Westfalen und Hamburg wollen bei bestimmten Gerichtsverfahren Englisch als Verfahrenssprache zulassen. Außenminister Westerwelle verweigert die Beantwortung einer englisch gestellten Frage auf Englisch und wird dafür in der Öffentlichkeit zunächst einmal kräftig zusammengestaucht. Das sind alles nur Symptome, aber in meinen Augen zeichnet sich da eine ganz bestimmte Geisteshaltung ab.

Und die Sprache ist eben nur ein Beispiel unter vielen. Natürlich muss man eine Vorsicht des Deutschen Volkes mit seiner nationalen Identität/Kultur vor dem historischen Hintergrund verstehen. Aber ich finde es, als weiteres Beispiel, unerträglich, dass hierzulande eine „Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen“ dazu aufrufen kann sich zum „Schampussaufen“ am Ehrenmal der Bundeswehr im Bendlerblock zu treffen. Und zwar jedes Mal, wenn ein Bundeswehrsoldat im Einsatz sein Leben verliert. Egal wie man zu den Auslandseinsätzen der Bundeswehr auch stehen mag, das ist weit mehr als geschmacklos. Viel schlimmer aber ist das Ausbleiben öffentlicher Empörung. Da sind wir wieder einmal zu tolerant. Da legen wir keinen ausreichenden Willen an den Tag die Ehre unserer Soldaten zu verteidigen. Ja, manchmal könnte man schon das Gefühl bekommen, dass wir den Artikel Eins GG uns selbst gegenüber ein wenig relativieren. Denn Kultur, Religion und Identität sind unverzichtbare Bestandteile der Würde eines Jeden.

Meine persönliche Hoffnung ist ja, dass meine Generation wieder unbefangen mit diesen Themen umgeht und somit die Wichtigkeit der eigenen Herkunft wiederentdeckt. Kein Mensch sagt ja, dass die Pflege von Kultur, Religiosität und Nationalstolz in irgendeiner Weise exkludierend wirken müssen. Wie gesagt, Brückenkopf.

Abschließend. Ich finde nicht, dass ein großer Discounter ein Nonnen-Kostüm mit Spitzen-Strumpfband vertreiben muss. Ich finde es geschmacklos und empfinde eine gewisse Kränkung meiner religiösen Gefühle. Ich denke, dass es durchaus wichtig und richtig ist, wenn dies auch möglichst viele Menschen äußern. Aber ich kann es durchaus verschmerzen wenn es auch Menschen gibt, die meinen so etwas gäbe einen feschen Faschings-Klamauk ab. Dafür darf ich aber dann an Fasching auch wieder singen: „Ich bin so froh, dass ich nicht evangelisch bin…“.

Gruß.


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