Ave's Place - Alltägliche Bösartigkeiten und der ganz normale Wahnsinn



There we are.

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Zunächst einmal vorweg meine Zahlen im Wahl-Tippspiel der ARD zur gestrigen Bundestagswahl: Union 36,8%, SPD 25,5%, FDP 14,4%, Linke 11,1%, Grüne 9,8%.

Rückblickend wohl genauso weit am tatsächlichen Ergebnis vorbei wie dieses an einem wirklich wünschbaren Ergebnis.

Was soll das bedeuten? Das tatsächliche Wahlergebnis bietet einerseits zwar eine relativ klare, regierungsfähige Mehrheit, andererseits überwiegen die negativen Seiten allerdings wohl dann doch irgendwie.

Denn was uns von der Wahl bleibt ist eine beinahe unfassbar geschwächte SPD, ein ebenso neuerlich erstarkter Sozialismus und insgesamt eine sich fortsetzende Krise der Volksparteien. Der Begriff der Volkspartei hat gestern zum wiederholten Male drastisch an Anwendbarkeit eingebüßt. Die SPD kann sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt wohl nicht mehr als Volkspartei bezeichnen und auch die Union kann dies, unabhängig vom halbwegs respektablen Ergebnis, nur noch bedingt. Die Zahlen der Wählerwanderung sind in diesem Zusammenhang sehr aufschlussreich. Nicht nur die starke Abwanderung von den ehem. Volksparteien zur FDP (insgesamt über 1,5 Mill. Stimmen) sonder auch die Entscheidung von über 600.000 SPD-Wählern diesmal der Union ihre Stimme zu geben zeigen eine schwindende Konsistenz der Wählerschaft. Die größte und vielleicht folgenreichste Zahl jedoch ist die der Nichtwähler; und dort vor allem die Zahl derer, die noch bei der letzten Wahl ihre Stimme abgegeben haben.

Eine Wahlbeteiligung von etwas über 70% ist in der Tat ein mehr als beachtenswerter Wert für eine Wahl zum Deutschen Bundestag. Ich möchte nicht so weit gehen und von einer schwindenden Legitimität der Wahl sprechen. Dieses Problem stellt sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt sicherlich nicht. Zumal wenn man die Gründe für das Nicht-Wählen bedenkt. Die hauptsächlich entscheidenden Themen dieses Wahlkampfes haben allesamt eines gemeinsam: Sie sind extrem komplex und kompliziert. Die weitreichenden internationalen Verflechtungen verstärken dies noch. Überdies kann zu manchem Thema selbst der belesenste oder gebildetste unter den Wählern vielleicht nicht mit letzter Klarheit sagen welcher der Kandidaten wirklich die Kompetenz besitzt die Probleme anzugehen. Manchmal ist sogar nicht mal mehr klar, ob die Möglichkeit zur Lösung des Problems überhaupt noch in den Kompetenzbereich Deutscher Parlamentarier fällt. Für den einen mag dies alles sicherlich dazu führen der Entscheidung über die Richtung der Politik noch mehr Bedeutung beizumessen. Viele hält aber gerade das auch vom Wählen ab.

Ein wesentlicher Effekt niedriger Wahlbeteiligung ist wohl glücklicherweise bei diesen Wahlen noch ausgeblieben. Niedrige Teilnahmezahlen an Wahlen bergen immer einen Vorteil für kleine Parteien. Hiervon hat bei diesen Wahlen auch die Linke nicht profitieren können.

Offensichtlich ist, dass die letzten vier Jahre in der großen Koalition sowohl der Union, als auch, in noch stärkerem Maße, der SPD geschadet haben. Für viele Konservative ist die Werbung der CDU mit dem Slogan „Die Mitte“ sicherlich ein Dorn im Auge. Denn diese neue Mitte, welche sich die Union da gesucht hat, ist wohl in weiten Teilen nichts anderes als ein großer ehemaliger Teil der SPD. Vor allem die CDU, aber auch die CSU ist eben in den letzten vier Jahren nach links in die Mitte gerutscht.

Für das konservative Lager bedeutet dies eine starke Einbuße an Profil und den Rückgang thematischer Trennschärfe gegenüber den politischen Gegenspielern. Für die Sozialdemokratie birgt dies aber noch wesentlich größere Probleme, da der linke Rand im Wesentlichen von der Linkspartei bedient wird. Die Grünen wiederum bilden durch den Verlust ihrer Kernthemen an die Programme aller anderen Parteien (und die daraus resultierende politische Beliebigkeit einer linken Partei) eine beachtenswerte Option für ehemalige SPD Wähler. So mancher prinzipientreuer Sozialdemokrat wird den Verlust seiner Ideale bei der SPD mit einem Kreuz bei den Grünen beantwortet haben. Inhaltlich gibt sich das nicht viel, aber Oppositionsparteien können sich eben nicht durch die Macht verbiegen lassen und außerdem ihre Ideen in aller Breite und Lautstärke propagieren. Dieses Mal vor allem auch sehr stark im Wahlkampf da ja klar war, dass sich für die Grünen im Grunde keine Option der Regierungsbeteiligung bieten würde.

Der größte Gewinner der Wahl ist die FDP. Obgleich sie eine enorme Anzahl neuer Stimmen aus dem konservativen Lager rekrutiert sorgt ihre Stärke doch für eine Mehrheit für Schwarz-Gelb im Bundestag. Gerade in dieser wirtschaftlichen Krisenzeit war es wohl zu erwarten, dass eine Partei, welcher die Wirtschaftspolitik nach wie vor als absolute Kernkompetenz zugeschrieben wird, zu den Gewinnern gehören wird.

Auch nicht zu unterschätzen sind die sehr guten Ergebnisse der Union im Bereich der Erststimme (die Union erreicht 218 von 299 Erststimmen-Mandate). Ein weitreichendes Stimmen-Splitting bei diesen Wahlen trägt einerseits mit zu dieser Stärke bei, andererseits sorgt es dafür, dass der 17. Deutsche Bundestag so viele Überhangmandate wie nie zuvor (voraussichtlich 24) haben wird.

Der zweite große Gewinner dieser Wahl ist wohl die sozialistische Linke. Fast jeder achte Bundesbürger hat der Nachfolgeorganisation der SED seine Stimme gegeben. 780.000 von ihnen haben zuvor noch die Sozialdemokratie gewählt. So sehr diese Zahl also besorgniserregend ist, so einfach ist sie zu erklären.

Was sollen wir von den nächsten vier Jahren nun erwarten? Man darf wohl davon ausgehen, dass die neue Bundesregierung unter Kanzlerin Angela Merkel eine ordentliche und solide Arbeit ableisten wird. Die dringendsten Probleme der nächsten Zukunft werden gewiss durch den Regierungswechsel nicht weniger agil und kompetent angegangen werden, als dies unter der großen Koalition vielleicht der Fall war. Viel interessanter ist, für mich, wie sich die Deutsche politische Kultur und die Parteienlandschaft angesichts des gestrigen Abends verändern wird.

Wir können getrost davon ausgehen, dass in naher Zukunft erhebliche personelle Konsequenzen in der SPD getroffen werden. Wir können wohl genauso davon ausgehen, dass sich auf Länderebene in nächster Zeit keine großen Erfolge für die SPD einstellen werden. Aber gerade das ist auch die Chance welche es zu nutzen gilt! Die Union einerseits hat nun die Gelegenheit wieder zu ihrem Profil einer bürgerlichen, konservativen Volkspartei zurückzukehren. Die FDP ist hierzu der einzig mögliche Partner zur Selbstreflexion, vielleicht auch zur Kontemplation (um ein schweres Wort zu gebrauchen), natürlich ohne jedoch die Verantwortung zu vernachlässigen. Die gleiche Gelegenheit bietet sich nun für die SPD sich in der Opposition neu zu positionieren, zu ihren Kernkompetenzen zurückzukehren, das Wort „Sozialdemokratie“ wieder mit Inhalt zu füllen und vor allem der Linkspartei einen erheblichen Wähleranteil wieder abzunehmen und zurück in das regierungsfähige, demokratische Lager zu holen.

Letztlich ist es ja vorrangig nicht das konservative oder das liberale Lager welches von einer schwachen SPD profitiert. Allein die Zahl der Nichtwähler unter ehemaligen SPD Wählern ist größer als die Zahl derer, die ihr Kreuz diesmal bei Union oder FDP gemacht haben. Mit einer re-profilierten SPD erhalten einerseits die Unions-Parteien einen Teil ihrer Stammwählerschaft zurück, andererseits erübrigt sich die Stärke der sozialistischen Protestpartei am linken äußeren Rand.

Was die Inhalte der Politik der nächsten vier Jahre betrifft gilt es die Koalitionsverhandlungen abzuwarten. Hier wird es wohl keine großen Überraschungen geben. Allein schon aufgrund der inhaltlichen Nähe der Koalitionspartner. Aber für die Entwicklung der Deutschen Politik und der Parteien kann dieses Ergebnis ein Befreiungsschlag sein.

Das Wohl und Wehe von Union und SPD in den nächsten Jahren hängt davon ab welche richtigen Schlüsse in den nächsten Tagen und Wochen aus dieser herben Niederlage der SPD und dem schwachen Abschneiden der CDU/CSU gezogen werden.

Auch wenn es hart klingt und auch sicher hart ist, Anhänger und Wähler der SPD können vielleicht genauso froh darüber sein, dass diese Partei nicht mehr an der Regierung beteiligt ist, wie es das bürgerliche Lager ob der anstehenden Schwarz-Gelben Regierung sein wird. Wir haben erlebt was vier Jahre Konturen verwischen aus der Politik gemacht hat. Hoffen wir, dass die kommenden vier Jahre der Neupositionierung und Kantenbildung zu einer neuen Stärke und Bürgernähe des demokratischen Diskurses führen werden!

Gruß.


Vote, Suckers!

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Wer nicht wählt, schubst auch kleine Mädchen von Nachttöpfen!
-StudiVZ

Ich gehe noch weiter. Wer nicht wählt, schubst auch MeganScarlettInsertRandom HollywoodbitchJohannsonFox, respektive George Clooney von der Bettkante. Oder, wer nicht wählt, treibts auch mit Paris Hilton, respektive Kevin Federline. Wer nicht wählt, hat nix zu sagen. Nur Chuck Norris wählt nicht, er wird gewählt. Immer.

Aber was soll man wählen? Das heißt: Ich weiß schon recht sicher, was ich wählen werde. Aber nehmen wir mal an, ich wüsste es nicht. Also welche Partei wäre die Richtige für mich? Als braver politisch interessierter Streber Bürger hab ich mir natürlich sämtliche Polit-Infotainment-Shows in den letzten Wochen angetan: Illner intensiv, Maybrit Illner, Anne Willner, das TV-Dreikampf-Hinspiel im ZDF, den schockierenden Mainevent zwischen den beiden Schwergewichten auf ARDZDFRTLPro7, das TV-Dreikampf-Rückspiel auf ARD und Hart aber fair andere Sendungen, die sich mit dem Wahlkampf beschäftigt haben. Und ich hab mir zumindest den zweiten Teil von "Erst fragen, dann wählen" im Stream des ZDF angesehen, die Sendung, die mir von allen am besten gefallen hat. Tolles Konzept. Aber das nur nebenbei.
Also, was nun?

CDU/CSU

Man weiß nicht so recht, was die wollen. Der Wahlkampf war vor allem auf die Mutter der Nation Angela Meys Merkel fixiert. Und die wollte sich partout auf nichts konkretes festnageln lassen. Das hat sie im TV-Duell vor allem dadurch erreicht, dass sie mit den Moderatoren mehr gestritten hat, als auf ihre Fragen zu antworten. Bei einem der wenigen konkreten Punkte hat Steinmeier sie eiskalt auflaufen lassen (Stichwort "9% Wachstum"). Durch absagen bei der Berliner Runde und "Erst fragen, dann wählen" (EFDW) hat sie ebenfalls erfolgreich vermieden, klare Antworten geben zu müssen. Ja, ich weiß, wie war mal alleine bei Will. Aber das ist schon lange her, war kein Wahlkampf, sondern mehr ein Rechtfertigungs-Interview wegen der Krise. Peter Ramsauer hat als ihr Vertreter bei EFDW auch nicht gerade grandios agiert. Was will also die Union? Bürgerliche Mehrheit, is klar. Aber dann? That's the problem.

SPD

Der Spiegel beschreibt in seinem Portrait des Kandidaten Steinmeier sehr treffend die mühselige Wandlung vom Verwalter zum Gestalter. Vom Administrator zum Governator. Vom Saulus zum Paulus der SPD, zumindest sähen die das wahrscheinlich gerne so. Und man muss auch zugeben, dass der Mann sich gemacht hat in den letzten Monaten. Er hat gelernt, mit der Öffentlichkeit umzugehen. Hat gelernt, sich locker und schlagfertig zu geben, um den Ruf der Drögheit loszuwerden. Und er hat gelernt, aggressive Reden zu halten. Was er wohl nicht so gerne hört, ist, dass seine von Ärger und Eifer rauhe Stimme in diesen Momenten auf einmal an jemand anderen erinnern lässt. Und er traut sich auch inhaltlich mehr als Merkel. Er hat immerhin die cojones gehabt, einen weitgreifenden "Deutschland-Plan" vorzulegen. Das darf man nicht unterschätzen, denn egal wie man zur Agenda 2010 steht, sie war notwendig und in weiten Teilen erfolgreich. Autor: Steinmeier. Aber das alles wird ihm bei seinem größten Problem wohl nicht helfen: mangelnde Machtoptionen. Die Grünen werden wohl, ähnlich wie die FDP, stark abschneiden. Aber selbst wenn die Sozialdemokraten besser abschneiden sollten, als es bisher den Anschein hat, müssten sie mindestens 10 Prozentpunkte draufpacken, um auch nur eine Chance zu haben.

FDP

Westerwelle fühlt sich wahrscheinlich grad wie eine deutsche Kreuzung aus Barack Obama und Kofi Annan, so könnte es einem vorkommen. Aber inhaltlich bietet die FDP nicht wirklich viel Neues. Ihre momentane Popularität hat sie einem allgemeinen Verdruss gegenüber den Parteien der Großen Koalition, einem gewissen Protestwählerpotential und seinem verbalen Gedresche auf eben diese Koalitionsparteien zu verdanken. Ein bisschen versucht sie sich jetzt einen dezenten "sozialeren" touch zu verpassen, aber der Tenor bleibt derselbe: Steuersenkungen, Kündigungsschutz-Lockerung, usw. Und Westerwelle geht mit der Fixierung auf die Tigerente ein gewisses Risiko ein: Wenn es für schwarz-gelb nicht reicht und er dann für weitere vier, also dann insgesamt 15, Jahre in der Opposition landet, könnte das seine Partei unruhig machen. Aber wenn man sich ansieht, wie in dieser Partei ausser Dirk Niebel praktisch niemand ohne Sprachregelung den Mund aufmachen darf, wie sie auf Westerwelle allein hingeschaltet ist, ist auch das nicht sicher.

Bündnis '90/Die Grünen

Claudia kommt. Jürgen Trittin kommt. Von Renate hab ich noch kein Plakat gesehen. Die haben ja Spaß in ihrer Partei. Sorry, der Kalauer musste sein, weil viel zu lachen gibts bei denen nicht. SPD, Union und FDP haben ja alle eine wie auch immer geartete Machtoption. Aber die Grünen haben höchstens die tabuisierte Rot-Rot-Grün-Kombination. Jamaika ist ja schon raus und war auch nie wirklich wahrscheinlich. Also weiter Opposition für die Grünen. Ihre momentane Stärke zur Zeit kann ähnlich begründet werden, wie die der FDP. Aber die Grünen sehen sich vor einem thematischen schwarzen Loch. Wie hat es jemand bei EFDW so treffend gesagt? Irgendwie sind die doch alle jetzt ein bisschen grün.

Die Linke

Zuallererst: So ein Zufall, dass der Spiegel eine Woche vor der Wahl eine Story über Gysi bringt, die sein selbstgeschaffenes Image als eifriger Dissidentenanwalt in der DDR gehörig in Frage stellt. Zufälle gibts. Auf der anderen Seite ist es ja bekannt, dass Gysi kurz vor der Wende SED-Chef wurde, von daher kann man sich auch ohne den Spiegel denken, dass Gysi wohl eher ein Kaderanwalt war. Tja, was soll man zur Linken sagen. Gysis Auftritt bei EFDW war exemplarisch. Eloquent, charismatisch wie immer hat er das Mundwerk nicht mehr zugekriegt. Überzeugt und aufgebracht hat er den moralischen Zeigefinger erhoben und das Elend in dieser Welt an den Pranger gestellt. Mit vollem Herzblut breitete er aus, wie das Böse in der Welt seiner Meinung nach bekämpft werden müsste. Nur leider hat er nicht einmal erwähnt, wie und was seine Partei dabei tun will. Mehr muss man dazu nicht sagen.

Die Piraten

Kann ich nicht so viel dazu sagen. Aber ihr thematischer Schwerpunkt ist natürlich absolut richtig und wichtig. Mal sehen, wie sie abschneiden am Sonntag. Und mal sehen, ob sie sich ein breiteres thematisches Spektrum mit der Zeit zulegen und so an Bedeutung gewinnen können. Dann könnte es interessant werden.

Gott sei Dank weiß ich schon, was ich wählen werde. Sonst hätte ich wohl ein Problem. Er gar keinen Plan hat, soll's halt den Wahl-O-Maten auswürfeln lassen. Besser als gar nicht ist das allemal. Aber egal was, hauptsache rausgehen und wählen. Das heißt: Nicht ganz egal was. Auf der "Don't vote for"-Blacklist stehen: NPD, DVU, REP und wie sie alle heißen. Wer für Idioten stimmen will, soll bei DSDS anrufen.

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Nicht Willkommen!

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Aus aktuellem Anlass eine kurze Meldung:

Heute habe ich bei Twitter den Account "powiss" entdeckt. Dieser gehört zur gleichnamigen Seite powiss.de. Dieser Blog wird betrieben von Frau Sarah Caggiano.

In gewissen Kreisen der Würzburger Studentenschaft ist dieser Name wohlbekannt.
Da ich immer auf der Suche nach interessanten Leuten und vor allem anregenden Diskussionsthemen bin, habe ich den Account selbstverständlich sofort gefollowed, wie man dazu neudeutsch sagt.

Allerdings kam direkt ein paar Minuten später die unerfreuliche Reaktion: "Leute die nach Frankreich "nur auf Ketten" fahren und was gegen ein NPD-Verbot haben, sind bei mir nicht willkommen - @kilianmartin blocken".

Erst mal sehr schade. Aber was meint sie mit "nur auf Ketten"? Und wieso sollte ich gegen ein NPD-Verbot sein?
Ich muss annehmen, dass die Autorin des Tweets sich hierbei auf mein Profil im Sozialnetzwerk StudiVz beruft; oder vielmehr auf meine Gruppenliste.

Dort finden sich die beiden Gruppen "Nach Frankreich fahr ich nur auf Ketten" und "Wenn NPD Verbot, dann auch PDS Verbot".

Zur ersten: Manchmal hilft ein zweiter Blick um den ersten zu verstehen. Es handelt sich hierbei um eine rein satirisch gemeinte Gruppe. Dies dürfte auch dem wenig satirisch eingestellten Internetnutzer ersichtlich sein: Das Gruppenbild ist ein Titelbild des Satiremagazins "Titanic", in der Gruppenbeschreibung findet sich ein Link auf den Internetauftritt der Zeitschrift. Ich wage die Unterstellung, dass die knapp 39.000 Mitglieder der Gruppe weniger daran interessiert sind einen Feldzug gegen die Republik Frankreich zu unternehmen, als an (möglicherweise politisch nicht korrekter) Satire.

Zur zweiten: Bin ich denn gleich gegen ein Verbot der NPD wenn ich sage, dass es auch andere potenziell gefährliche/undemokratische Vereinigungen gibt? Hat denn nicht auch der Sozialismus/Kommunismus unbeschreibliches Leid über unser Land und unser Volk gebracht?
Ich möchte nicht falsch verstanden werden, selbstverständlich dürfen wir die Gefahren des Rechtsextremismus nicht unterschätzen. Aber wir sollten genauso wenig außer Acht lassen, dass es hierzulande mindestens ebenso viele politisch motivierte Straftaten und sonstige Vergehen von Links gibt! Leider ist dies in unserer Presselandschaft und der Öffentlichkeit im Ganzen nicht sonderlich präsent.
Im Kern geht es darum, dass wir uns hüten sollten uns so sehr auf die Nationaldemokraten einzuschießen, dass alle anderen Problemfelder in diesem Zusammenhang links liegen gelassen werden; im wahrsten Sinne des Wortes.
Aber im Grunde hat sie schon recht: Ja, ich bin zum gegenwärtigen Zeitpunkt gegen ein Verbot der NPD.
Das hat ganz verschiedene Gründe.

Einer davon ist mir persönlich besonders wichtig: Unsere demokratische, rechtsstaatliche Gesellschaft muss es leisten können Gruppierungen wie die NPD nicht zu verbieten, sondern ihr die Grundlage zu entziehen und durch Stärkung der Demokratie obsolet zu machen.
Den auch radikale politische Positionen gehören ein Stück weit zum demokratischen Diskurs, auch wenn sie den meisten als gefährlich erscheinen.

Ich für meinen Teil empfinde die kontroverse Diskussion, den demokratischen Diskurs, als eine der wichtigsten und schönsten Möglichkeiten, welche uns das Leben in der BRD bereithält.

Gerade auch deshalb ist es besonders Schade, wenn die Auseinandersetzung mit kontroversen Meinungen und Ansichten aufgrund oberflächlicher Beurteilungen des Anderen versagt wird.

Natürlich gilt auch hier: "Wer von euch ohne Sünde ist, werfe als erster einen Stein (...)" (Joh 8,7).

Gruß.


Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus!

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Ab und an stolpert man beim Zeitungslesen ja über ganz unterhaltsame Artikel oder Meldungen. In besonderen Glücksfällen sind diese dann so abwegig und skurril, dass man irgendwie das Bedürfnis hat diese seiner Umwelt mitzuteilen.
Hier kommt nun also endlich der erste Eintrag in der Form, welche wir ursprünglich für meine Beiträge geplant hatten.

Der Artikel, welchen ich hier vorstellen möchte, stammt aus der Foreign Policy (FP). Die FP ist ein politikwissenschaftliches Fachblatt aus den USA von hoher internationaler Reputation. Inhaltlich befasst sie sich, wie der Name vermuten lässt, hauptsächlich mit internationaler Politik und allem was da noch so dazu gehört.
Der Artikel wurde verfasst von Joshua Keating, einem der Netzredakteure der FP und ist erschienen am 15.09.2009.
Genug der Daten, worum geht es?

Mit das Beste an diesem FP-Beitrag ist, dass es sich um eine Art Top5-Liste handelt! Und ich hab da nicht extra danach gesucht, wirklich! Der Titel des Artikels ist mir genauso präsentiert worden wie etwa 250 andere jeden Tag auch; der Feed-Funktion von Safari sei Dank.

Es handelt sich dabei um die Top5 der "World's Most Unruly Parliaments", also etwa "die unbändigsten Parlamente der Welt".
Nachdem ich erst nur den Titel gelesen hatte, habe ich versucht mir ein paar Beispiele auszudenken. Viel ist mir allerdings nicht eingefallen. Eigentlich nur prügelnde Asiaten, Schüsse in Spanien, Champagne in Italien.
Die Top5 der FP hat mich da durchaus schon mehr erstaunt. Diese lautet wie folgt:

1. Südkorea
2. Taiwan
3. Ukraine
4. Großbritannien
5. Australien

Ok, die Asiaten hab ich ja schon genannt. Dazu ein tolles Zitat aus dem Artikel zu den Vorgängen im taiwanesichen Parlament: "The best Taiwanese parliamentary fights can involve up to 50 people throwing punches, shoes, water, food, and microphones (...)". Ist das zu fassen? Wie wirft man denn bitte Wasser?!
Zur Ukraine: Ich bin ja nun kein Experte für Revolutionen, besonders nicht für citrusfruchtfarbene, aber ist es nicht normal, dass eine Revolution nicht unbedingt eine Zeit der Ruhe und Ordnung nach sich zieht?
Die besonderen Bon-Bons der Liste sind aber sicher die Briten und ihre parlamentarischen Nachahmer, die Australier: Die FP lehrt uns, dass da in den Hohen Häusern teilweise Worte weit unter der Gürtellinie fallen. So hat doch tatsächlich ein britischer Abgeordneter während der Prime Minister's Question (Anm.: Eigenheit des Westminster-Systems, Befragung des Regierungschefs durch die Opposition) die damalige Premierministerin Thatcher als "sexuell ausgehungerte Boa Constrictor" genannt. Das is' mal n Wort. Die Australier sind aber auch nicht von schlechten Eltern. So beschreibt die FP die "anschauliche Beleidigung" als "eine Art Kunst der australischen Politik". Besonders hervor getan hat sich wohl der ehemalige Premier Keating. Da hat er die Opposition schon mal "Drecksack", "schandmäulige Mopsgesichter", "intellektuelle Landstreicher" oder auch schlicht "hirngeschädigt" genannt (in der Übersetzung leiden die Ausdrücke schwer!).

Wow. Da könnte der berühmte "Mit-Verlaub-Herr-Präsident-Sie-sind-ein-Arschloch-Spruch" von Joschka Fischer fast verblassen. Eigentlich muss er das auch. Denn die Meisten berücksichtigen ja gar nicht, dass Fischer diesen Satz gebracht als Reaktion auf den Auschluss aus der laufenden Sitzung. D.h. zu diesem Zeitpunkt wurde er bereits für weniger schlimmes rausgeworfen. Obenstehende Zitate und Beispiele sind in den entsprechenden Ländern aber mehr so Teil der Sitzungskultur!

Vielleicht interessiert es ja jemanden wie die FP überhaupt auf das Thema kam: Ein Abgeordneter der Republikaner im US-amerikanischen Kongress wurde unlängst umfangreich gerügt, da er während der Rede Obamas vor dem Kongress einen Zwischenruf folgenden Wortlauts getätigt hat: "You lie!"

Unverschämtheit, finde ich! Wenn das mal nicht unparlamentarisches Verhalten ist.

Grüße.

edit: Natürlich sollte noch vermerkt werden, dass die Reihenfolge der oben genannten Top5 nicht ausdrücklich auch eine Rangfolge ist. Ich denke es sollte doch Jedem selbst überlassen bleiben welches Parlament er als das widerspänstigste erachtet. Und der Vollständigkeit halber hier der Verweis zum Artikel.


Duel Monsters

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Die Befürchtung war ja, dass Merkel und Steinmeier das "große TV-Duell" zu einem kleineren Sparring oder gar einem Ausweichkampf verkommen lassen würden. Aber am Ende hatte, wer hätt's gedacht, Gregor Gysi recht behalten: Er hatte schon am Donnerstag in Illners "TV-Dreikampf" - dem Gesetz der Serie müsste ja jetzt ein Einzelkampf folgen, quasi die Kür: Merkel on ice schlittert zu Schwanensee um alle Eckpunkte und Genossen-Kampftenor Steinmeier schmettert "Auf in den Kampf, Torero" um die das Wahlvolk repräsentierende Jury aus Illner, Bohlen (Die Kombi Plasberg-Bohlen hätte ja nie funktioniert) und dem unvermeidlichen Publikumsgast zu beeindrucken - äh, wo war ich? Ach ja: Also, Gysi hatte dem Duell schon am Donnerstag bei Illner den Untertitel "Das Regierungsselbstgespräch" verpasst. Teilweise zurecht, wie sich zeigen sollte.

Aber von Anfang. Steinmeier gab sich fast drei Fragen lang Mühe, als Aggressor aufzutreten. Merkel solle deswegen nicht mehr Kanzlerin bleiben, weil es eine bessere Alternative gäbe - nämlich ihn. Die Große Koalition (GK) habe gute Arbeit geleistet, aber noch nicht alles geschafft - was die Schuld der Union sei. Er spricht früh die Kanzlerin direkt an, was auch gut so ist. Nur schade, dass sein Feuereifer im Laufe des Gesprächs zum Kaminglimmen verkommt.
Andersrum die Kanzlerin. Die beginnt mit Platitüden: Internationale Wirtschaftskontrollen schön, hohe Managergehälter nicht gut. Ach ja: und die GK (nicht verwechseln mit ZK! Auch nicht der Band!) hat natürlich gute Arbeit geleistet. Ein bisschen teflonbehaftet bleibt die Frau Merkel das ganze Gespräch über, die Moderatoren müssen sich schon recht anstrengen, um sie aus der Reserve zu locken. Den meisten Eifer zeigt sie am Anfang, wenn sie sich über die Unterbrechungen der Moderatoren beschwert. Hätte sie sich sparen können, wenn sie sich die Mühe gemacht hätte, direkte Antworten zu geben.

Die Schuld der Moderatoren ist es zum Teil auch, dass das Duell zum Regierungsselbstgespräch verkommt. Liebe Kollegen Klöppel, Illner, Limbourgh und Plasberg: Dass das Gespräch nicht zum donnernden Austauch von Argumentations-Breitseiten werden würde, war wohl wirklich jedem schon vorher klar. Nicht nur wegen dem gemeinsamen Regierungshintergrund, sondern auch wegen der Persönlichkeiten der beiden Kombattanten. Da wäre es doch Ihre Aufgabe gewesen, die beiden aus der Reserve zu locken und gegeneinander aufzustacheln. Stellenweise haben Sie's ja versucht. Aber grad vom Herrn Plasberg und der Frau Illner hätte ich mir doch mehr fragetechnische Präzisionsschüsse in die Wunden Flanken der Parteienflaggschiffe erwartet.

Stattdessen kommt das Gefecht vom Kurs ab: Die ja durchaus zurecht gestellten Fragen in den Bereichen Wirtschaft (Opel), Soziales (Arbeitslosigkeit, Gesundheitsreform) oder Aussenpolitik (Afghanistan) geben den beiden Rednern zwar Gelegenheit, ihre Ansichten darüber darzulegen. Doch tut sich dem Zuschauer erschreckend auf, wie ähnlich und allgemein die doch sind. Und dass man das alles schon mehr oder weniger oft genug genauso gehört hat. Steinmeiers anfängliche Inbrunst ist nur noch krampfhafter Elan, der sich in langen Ausführungen ergeht, die von Merkel nahtlos ergänzt werden. Kein Austausch von Plänen, kein Streit über ordnungspolitische Grundsätze - herrgott, nicht mal haltlose Versprechungen. Oder Beschimpfungen. Wahlkampf 2009, man wünscht sich Schröder, Heidelberger Professoren, Kohl, Wehner, Strauß zurück. stattdessen fragt man sich, ob man nicht aus Versehen in eine Kabinettssitzung gezappt hat, in der die beunruhigenste Frage wäre, was für Minister diese vier Leute an den Moderatorenpulten wären.

Erst am Ende gelingt es den Moderatoren, Merkel ein bisschen aus der Teflon-Deckung zu kitzeln: Es hat 80 Minuten Geplänkel gebraucht, bis sie zum ersten Mal Steinmeier direkt anspricht. In der Diskussion über Koalitionsoptionen gibt es nicht viel Neues, Merkel spielt einmal die Ypsilanti-bzw. Bundespräsidentenwahl-Karte. Und Steinmeier fragt sie zurecht, ob sie seiner Partei jetzt auch noch vorwerfen will, dass sie mit einer eigenen Kandidatin angetreten ist. Naja.

Das Fazit drängt sich als Erkenntnis auf, dass die Frage nicht ist, wer von Beiden besser war. Sondern wer schlechter war. Man wünscht sich in diesem Wahlkampf fast, dass sich in den aus dem amerikanischen Wahlkampf stammenden TV-Mehrkämpfen auch ein bisschen amerikanische Wahlkampfkultur zeigen würde. Nicht Beleidigungen und Gossip. Aber knallharter Streit um Grundsätze und Ideen. Sonst ist der Wählertor am Ende nur so klug ach wie zuvor. Und wenn das einzige Argument gegen eine erneute Große Koalition nur jenes ist, dass es schlecht für unsere Demokratie wäre - dann ist das wirklich traurig.

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"Don't stand in the doorway, don't block up the hall"

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Aus gegebenem Anlass meine (heutigen) Top5-Tracks von Bob Dylan vor 1970:

1. The Times They Are a-Changing – Bob Dylan (The Times They Are a-Changing 1964)

2. Don’t Think Twice, It’s All Right – Bob Dylan (The Freewheelin‘ Bob Dylan 1963)

3. Cocaine Blues – Bob Dylan (Minnesota Tapes 1961/Gaslight Tapes 1962)

4. Mr. Tambourine Man – Bob Dylan (Bringing It All Back Home 1965)

5. It’s All Over Now, Baby Blue – Bob Dylan (Bringing It All Back Home 1965)

Ich hab leider keinen blassen Schimmer welche Version von „Cocaine Blues“ ich meine, da ich sie leider nur auf einer Compilation habe und nicht „Original“.

Grüße.


Ab dafür

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Mir wurde hier die Ehre zuteil sozusagen als Gastautor tätig zu werden und hoffentlich dem Blog erstens mehr Leser und zweitens mehr Qualität zu verschaffen. Das ist natürlich übles Eigenlob, aber ohne solches kommt man wohl in einer Ellenbogen-Gesellschaft wie dem Internet nicht weit (Nein, ich teile nicht die dritte These des Internet-Manifest „Das Internet ist die Gesellschaft ist das Internet“…)

Stellt sich nun also die Frage: Was will ich hier?

In bierseliger Laune ist uns, Avaron und mir, die Idee gekommen, dass ich mein Interesse an Politik, Gesellschaft, Musik und was sonst noch so wichtig ist dafür einsetzen könnte (und sollte) diesem Blog ein wenig mehr Inhalt zu verleihen.

Hierzu sei vermerkt, dass ich als Student der Politischen Wissenschaften relativ viele verschiedene Zeitungen (selbstverständlich online) regelmäßig lese und dadurch natürlich auch ziemlich viele bemerkenswerte Meldungen auf den Bildschirm bekomme.

Außerdem haben der Eigner dieses Blogs und meine Wenigkeit, bis auf ein ausgeprägtes Interesse an Musik und einen ähnlichen Geschmack, so ziemlich nichts gemeinsam. Gerade in Sachen Politik und Gesellschaft gehen wir doch gerne eher getrennte Wege.

Worüber werde ich hier nun also schreiben?

Dazu erkläre ich erst mal meinen Blogger-Namen VinceAndJustin.

Dem musikinteressierten Leser könnten die Namen Vince und Justin vielleicht bekannt vorkommen. Die beiden sind Figuren in der Verfilmung des Romans „High Fidelity“ von Nick Hornby (Das Buch und der Film stehen bei mir jeweils auf Platz 1 der Präferenzliste).

Die Beiden sind Skater und Musiker, welche öfter mal im Plattenladen der Hauptperson „einkaufen“ gehen; also klauen.

Als Rob (Hauptperson) herausfindet, dass die beiden ganz gute Musik machen nimmt er sie in seinem Label unter Vertrag. Dieses nennt er kurzerhand „Top5Records“.

So viel muss zum Film mal reichen, lieber selber anschaun.

Was ich also regelmäßig machen werde ist Top 5-Listen erstellen (wer den Film kennt weiß wie gut das ist!).

Des Weiteren will ich hauptsächlich eine von mir ausgewählte Meldung vorstellen und kommentieren. Kann natürlich auch eine interessante Seite oder ein Projekt im Netz sein, welches mir einfach würdig erscheint besprochen zu werden.

Wie oft ich das machen werde ist noch nicht ganz klar, wir stehen ja noch am Anfang.

Ich lass mich da einfach mal überraschen, der Leser sollte das auch machen.

Zum Einstieg aber hier schon mal meine Top 5-Tracks des Tages:

1. Wunderbaren Jahren – Stiller (macht doch was ihr wollt – ich geh‘ jetzt!, 1996)

2. That Look You Give That Guy – EELS (MySpace Transmissions, 2009)

3. Amigone – Goo Goo Dolls (Dizzy Up The Girl, 1998)

4. Karma Police – Radiohead (OK Computer, 1997)

5. Space Oddity – David Bowie (Space Oddity, 1972)

Frohe Grüße.

P.S.: Angesichts der Tatsache, dass unsere Frauen-Nationalmannschaft gerade zum siebten Mal, zum fünften Mal in Folge, die Europameisterschaft gewonnen hat, hier nun eine Top 5 der besten Tracks des Augenblicks:

1. Perfect Day – Lou Reed (Transformer, 1972)

2. Daydream – Lovin‘ Spoonful (Daydream, 1966)

3. God save the Queen – Sex Pistols (Never Mind the Bollock, Here’s the Sex Pistols, 1977)

4. It ain’t over ´till it’s over – Lenny Kravitz (Mama Said, 1991)

5. 10:1 – Sportfreunde Stiller (Die gute Seite, 2002)

5. ´94 (Novanta Quattro) – Sportfreunde Stiller (So wie einst Real Madrid, 2000)


Regierungsblogklären - Live!

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1108: Merkels Regierungserklärung treibt mich aus dem Blogloch. Mal sehen, ob und wie sie mich aufregt. Üblicher pathetischer (wenn auch gerechtfertigter) Anfang.

1109: Allen internationalen Maulaufreißern über den Mund gefahren. Gut gemacht. Egal ob zurecht oder zu unrecht, wie in den letzten Tagen von den internationalen Politikern rumgereibert wurde geht so nicht.

1111: "[..] alles tun, um Kriminalität, Korruption und Drogenhandel zu unterbinden!" Okay, jetzt sind wir wieder bei den üblichen Beteuerungen. Wie wärs damit, ein bisschen zu schauen, dass in Afghanistan kein korrupter Präsident wiedergewählt wird?

1114: Schön sich selbst auf die Schulter geklopft. Ich würde einem General Peträus jetzt mal unterstellen, dass er nicht unbedingt die Nachhilfe der Bundesregierung gebraucht hätte, um darauf zu kommen, dass Aufbau die Lösung im Hindukusch ist, nicht Zerstörung.

1116: Sie gibt sich ganz schön viel Mühe, Steinmeier zu loben. Zurecht. Aber ich will Wahlkampf! Sonst ist Politik langweilig.

1119: "Die Folgen von Nicht-Handeln werden uns genauso zugerechnet, wie die Folgen von Handeln." Okay, jetzt kommt der Part, wo sie Franz Josef Jung die Hände wäscht. Und die Sauerland-Gruppe wurde in Pakistan ausgebildet, nicht in Afghanistan.

1122: Was, das wars schon? Das war aber überaus schwach. Keine Klarstellung, keine Fakten, viel pathetisches Gesülze über Prinzipien der Aussenpolitik und die üblichen Versprechungen über und für Afghanistan. Und ein kleines "passt schon, Bub" für den jungen Franz Josef.

1125: Och ne. Jetzt kommt auch noch der Westerwelle und macht einen auf staatstragend. Ab jetzt ist Wahlkampf in der Debatte.

1127: Mal sehen, wie sich das entwickelt. Over and Out.

1131: Ja, ja, ist ja gut. Westerwelle, jeder weiß, dass du Aussenminister werden willst. Üb deine staatstragenden Reden daheim vorm Spiegel und bieder dich im Wahlkampf bei der Union an, nicht in einer Debatte über einen potentiell pikanten militärischen Vorfall. Und deine Beteuerungen am Ende, diese Debatte dürfe keine Wahlkampfmanöver enthalten ist nach deiner Rede purer Hohn. Steinmeier ist jetzt dran.

1135: Auch Steinmeier fährt allen Lautsprechern aus dem Ausland zurecht über den Mund. Alle Kommentare der anderen Aussenminister und internationalen NATO-Vertreter waren politisch motivierte Versuche, den Kelch der Verantwortung von sich abzuweisen um den eigenen Arsch zu retten, sollte dieser Einsatz wirklich ein fataler Fehler gewesen sein. Aber schon jedes Kind weiß: Mitgefangen, mitgehangen...

1143: Am Anfang war er ja auf einem ähnlichen Weg wie Merkel, nur alles etwas salopper (böse Zungen könnten sagen: "schröderischer") formuliert. Aber jetzt befasst er sich wenigstens mit klaren Aufgaben, klarem Handeln. Muss nichts heißen, klingt aber wenigstens weniger schwammig als Merkel.

1146: Lafontaine kommt. Jetzt wirds lustig.

1152: Man muss ihm lassen, er ist ein guter Redner und sehr guter Oppositioneller. Er ist schon in der Lage, den Finger genüsslich in die moralischen Wunden zu drücken und zu seinem eigenen Nutzen drin rumzuwühlen. Zu seinem eigenen Nutzen bedeutet hier zum Nutzen seiner Partei. Die Rede war bloßer Wahlkampf.

1154: Jung klingt schon in den ersten Sätzen wie ein kleines Kind, dass seinen Eltern stotternd erklären muss, warum er ein Fenster eingeschmissen hat.

1159: Wahnsinn. Das ist ja unerträglich. Er klingt jammernd, fast weinerlich. Er verschluckt Silben und die Stimme kippt manchmal. Und seine Körpersprache schreit: "Ich will hier weg!" Und er hat offensichtlich keine Ahnung, was er sagen soll. Er hat den anderen Rednern jedenfalls ordentlich Munition geliefert.

1203: Trittin nennt Jungs Auftritt "hilflos". Volltreffer. Nebenbei, hat schonmal jemand gesagt, dass er fast ein wenig wie Jan Delay klingt? Jan Delay nach einem Stimmbruch, vielleicht.

1208: Hätte mir Claudia Roth anstelle von Jürgen Trittin hier gewünscht. Wäre das nicht schön gewesen? Claudia, im grünen Seidenschal, singt von Frieden und Liebe. Hach...

1211: Trittin hat einen Punkt: Er kritisiert zurecht, dass Merkel in ihrer Erklärung keine klare Linie gezeigt hat und das die Bundesregierung beim ganzen Anfghanistan-Thema feige auftritt, weil das Thema unpopulär ist.

1212: Von Klaeden reißt einen kleinen Witz, um die Diskussion aufzulockern: Er wirft Trittin vor, die Diskussion für Wahlkampf ausgenutzt zu haben.

1221: Von Klaeden hätte man genausogut weglassen können. Langweilig. Und das "[...] und hoffentlich die Bundesregierung nach dem 27. September" in Richtung der Union war ein Schuss ins eigene Bein, siehe 1212.

1227: Verteidigungsausschusschefin Ulrike Merten verpasst dem Parlament und der Regierung einen schön ironischen Crashkurs, wie die Bundeswehr als Parlamentsarmee und der daraus resultierende Informationsfluss und Beschlussprozess zwischen Regierung und Parlament zu funktionieren hat. Wirft Jung vor, genau diesen Informationsfluss nicht eingehalten zu haben. Und sie wirft ihm äußerst subtil und durch die Blume vor, inkompetent zu sein. Schade, dass erst nicht begreifen können wird.

1236: Fazit: Merkel wie immer viel zu agressiv und kämpferisch, Steinmeier kann es besser, die Grünen machen WUMS, die Linke... äh..., und Westerwelle druckt schon Visitenkarten mit "Bundesaussenminister". Ich bin dann mal weg.

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