Da surfe ich also, wie jeder normale Internetuser, durchs Netz, auf der Suche nach Drachen, Blut und jungen Frauen und stoße auf die
Homepage einer jungen neuen Band aus Würzburg:
Hug the Dragon. Mit einem Album zum kostenlosen Download. Also gut, denke ich mir, als armer
Schlucker nehm ich geschenkte Dinge immer gern an. '
Lol?' denke ich aber dann. '
Wtf is Nerd Rock? Warum nennen die das so? Kann ja nur komisch sein.' Runterladen
tu ichs mir dann aber trotzdem.
Is ja schließlich umsonst. Lange Rede, wenig Sinn: Das Anhören dieses Machwerks hinterließ irreparable Spuren in meinem Kopf. Schauen wir uns mal Song für Song an, warum.
Don't You KnowStartet mit einer komischen Keyboardmelodie und dem "
Game Start"-Geräusch aus Super
Mario Bros. Okay. Witzig. Hoffentlich taugt der Song was. Der legt dann aber los mit einer
coolen Melodie und einem
fetzigen Refrain. Nicht übel. Text schmachtet hinter einer Unerreichbaren hinterher. Business
as usual.
Hey There, Ground ControlZupfiges Intro, langsame Nummer. Typ erzählt von
silbergrauem Nichtstun, meint der auf dem Mond? Und funkt der dann zur Erde, sie sollen ihm 'n Mädel
hochbeamen?! Klingt auf den ersten Blick ziemlich dämlich. Beim zweiten Hören erschließt sich dann aber die
hochintellektuelle Analogie zu einem Klassiker der philosophischen Kinderliteratur: Hat der kleine Prinz nicht auch alleine im All gewohnt und wollte er nicht auch im Endeffekt jemandem zum...
kuscheln? Oder so.
Alien IntercourseHey,
Ska!
Coole Sache. Refrain
rockt. Worum
gehts im Text? Was? Komischer Typ sitzt vor der Glotze, langweilt sich, wird von
Aliens entführt und... oh. Mein. Gott. Jetzt weiß ich, warum
Nerd Rock. Das ist bestimmt eines der ersten Lieder, das die Spinner geschrieben haben. Bestimmt der Grund für dieses komische "
Nerd Rock"-
Label. Allerdings könnte man sich das Lied auch schön als
Soundtrack für "
Independence Day" vorstellen. Gäbe dem Film ganz neue Tiefe...
Not Now, Not EverWieder so ein
hochphilosophischer Text, der von den zwischenmenschlichen Tiefen an
Diskotresen handelt. Gute Nummer, eingängiger Refrain, solider Rocksong.
Stories Of LifeSchöne
Intromelodie und mal ein anderer
Rythmus zwischen Schlagzeug und Bass. Refrain
rockt dann wieder. Schlagzeuger spielt anscheinend gern herum mit allerlei Becken, hört man in der
Bridge, da
schepperts dann und kriegt
Drive. Am Ende sogar mehrstimmige Gesangsansätze! Und den Schluss fand der
Drummer bestimmt wahnsinnig toll...
Billion Part PuzzleGeht mit Gesang und Gitarre los und auf einmal klingt die Stimme richtig fett. Und dann...
sowas wie ein
tanzbarer Diskobeat? Spinnen die?! Ich dachte, das sollte Punk sein? Und dann spielt der
Drummer schon wieder mit komischen
Rythmen in der
Bridge rum. Und der Akustikteil ist offensichtlich auf Publikumsanimation angelegt, klatschen und so. War ja klar, billiges anbiedern ans Publikum. Aber irgendwie...
cooler Song.
Not That BadWieder
Ska, diesmal schneller als in AI. Und dann im Refrain voll auf die Zwölf. Alles klar,
Ska-Punk. Zwischendrin klingt
sowas wie '
ne Spieluhr rein und der Bass wagt es sogar, über die 08/15-Grundton-Begleitung hinauszugehen!
Hätt ich denen nicht zugetraut.
Chocolate TreeWat? Schokoladenbaum? Wie auch immer. Schnelle Nummer. Schlagzeuger darf sich offensichtlich austoben, wenn er mal vier gerade Schläge hinkriegt.
He's HonestLow-
tempo-Nummer mit fettem Refrain und kreischenden Gitarren. Aber den Test
versteh ich nicht. Wer ist
erhlich? Und warum? Weil er vor anderen Leuten steht? Komisch. Ich glaub, dass müssen die Live erst erklären, bevor sie den Song spielen...
Leap Of FaithOh, jetzt darf der
Drummer aber mal mehr als nur draufhauen. Und das klingt verdammt nach
Beastie Boys, offensichtlich spinnen sich da zwei aus, während der Sänger den gutklingenden Part übernimmt. Und im Refrain wird dann einfach wieder auf die Eier gehauen. Moment... sogar der Bassist darf mal
sowas wie ein Solo spielen! Ein
Bassist! Fette
Bridge mit darauffolgendem Gitarrensolo und am Ende... Lärm.
One More Carefree SummerBeginnt mit einem fetten Gitarrenriff und Schlagzeug. Klassischer Punksong mit schnellen Strophen und Refrain und in der
Bridge wirds dann fast ein bisschen Reggae.
Cool. Text erzählt von einem letzten sorgenfreien Sommer. Nostalgischer verlorene-
jugend-Kram oder so. Aber der Song ist richtig gut.
Ändert Sich NichtsWas zum... eine Deutschrockballade? Oh Mann. In der ersten Strophe kann man sich fast schon bildlich vorstellen, wie die Heinz Rudolf
Kunze im
Street Fighter-
Shirt singt. Voll auf Hit getrimmt, das Lied. Simple Melodie, eingängiger Refrain und einfaches Solo.
Seh schon, das hat Potential für einen
nervigen Ohrwurm.
Stay FriendsKlingt am Anfang und in der Strophe wie so
ne tanzbare Indy-Nummer. Gott sei Dank geht's im Refrain dann doch gut ab. Gitarre und
Drums bestimmen den
Rythmus und der Bass... spielt '
ne Walking-Bass-
Line??
Jesses, da wird alles durcheinander geschmissen. Aber klingen
tuts komischerweise trotzdem gut.
DreamingUnd jetzt kommt schließlich die 12/8-
Schunkel-Ballade. Schön Feuerzeug an, Nebenfrau in den Arm und hin und her
geschwoft. Alles klar. Richtig romantisch erzählt der Text von Phantasie vs. echte Welt und
Space Monkeys. Der Song hat alles was eine romantische Ballade braucht. Bis hin zum Fummelsolo.
Friend ZoneKurzes Akustik-
Intro und dann voll drauf. Alles klar, wie gehabt, wieder '
ne schnelle Punk-
Prügelei. Alles schon gehabt. Moment, Swing im Refrain? Wer zum Teufel kommt denn auf solche Ideen?
Drunken Pirates Ho!
Oh, da kommt noch was. Ein "special hidden boner track"! Aha. Akustikgitarre und 'ne Stimme nach zwei Pullen Havana Club. Im Refrain klingt's als hätt sich die Band nachts besoffen um ein Mikro geschart und das ganze unbesehen auf die Scheibe gebrannt. Bestimmt geil zum mitgrölen.Also, muss schon sagen, wirklich nicht schlecht. Dafür, dass es anscheinend in Eigenregie aufgenommen und produziert wurde und kostenlos ist, ist das Album verdammt gut. Kann ich nur empfehlen. So klingt also "
Nerd Rock". Der Begriff macht mir irgendwie in diesem Fall weniger aus, seit der Vorband der
Beatsteaks in Bamberg, Kraftklub, 5 komischen
Hampelmännern in Hochwasserjeans und Hosenträgern ohne Eier hinter den Gitarren und Texten wie "
Scheiß in die
Disko" oder "Ich komm auch Karl-Marx-Stadt".
Jetzt
runterladen:
Hug The Dragon -
The Nerd Rock
LP!
Ach ja: Und der Drummer muss ja ein echt irrer Typ sein. Gemessen an dem Foto auf der Homepage.