Ave's Place - Alltägliche Bösartigkeiten und der ganz normale Wahnsinn



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Zunächst einmal vorweg meine Zahlen im Wahl-Tippspiel der ARD zur gestrigen Bundestagswahl: Union 36,8%, SPD 25,5%, FDP 14,4%, Linke 11,1%, Grüne 9,8%.

Rückblickend wohl genauso weit am tatsächlichen Ergebnis vorbei wie dieses an einem wirklich wünschbaren Ergebnis.

Was soll das bedeuten? Das tatsächliche Wahlergebnis bietet einerseits zwar eine relativ klare, regierungsfähige Mehrheit, andererseits überwiegen die negativen Seiten allerdings wohl dann doch irgendwie.

Denn was uns von der Wahl bleibt ist eine beinahe unfassbar geschwächte SPD, ein ebenso neuerlich erstarkter Sozialismus und insgesamt eine sich fortsetzende Krise der Volksparteien. Der Begriff der Volkspartei hat gestern zum wiederholten Male drastisch an Anwendbarkeit eingebüßt. Die SPD kann sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt wohl nicht mehr als Volkspartei bezeichnen und auch die Union kann dies, unabhängig vom halbwegs respektablen Ergebnis, nur noch bedingt. Die Zahlen der Wählerwanderung sind in diesem Zusammenhang sehr aufschlussreich. Nicht nur die starke Abwanderung von den ehem. Volksparteien zur FDP (insgesamt über 1,5 Mill. Stimmen) sonder auch die Entscheidung von über 600.000 SPD-Wählern diesmal der Union ihre Stimme zu geben zeigen eine schwindende Konsistenz der Wählerschaft. Die größte und vielleicht folgenreichste Zahl jedoch ist die der Nichtwähler; und dort vor allem die Zahl derer, die noch bei der letzten Wahl ihre Stimme abgegeben haben.

Eine Wahlbeteiligung von etwas über 70% ist in der Tat ein mehr als beachtenswerter Wert für eine Wahl zum Deutschen Bundestag. Ich möchte nicht so weit gehen und von einer schwindenden Legitimität der Wahl sprechen. Dieses Problem stellt sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt sicherlich nicht. Zumal wenn man die Gründe für das Nicht-Wählen bedenkt. Die hauptsächlich entscheidenden Themen dieses Wahlkampfes haben allesamt eines gemeinsam: Sie sind extrem komplex und kompliziert. Die weitreichenden internationalen Verflechtungen verstärken dies noch. Überdies kann zu manchem Thema selbst der belesenste oder gebildetste unter den Wählern vielleicht nicht mit letzter Klarheit sagen welcher der Kandidaten wirklich die Kompetenz besitzt die Probleme anzugehen. Manchmal ist sogar nicht mal mehr klar, ob die Möglichkeit zur Lösung des Problems überhaupt noch in den Kompetenzbereich Deutscher Parlamentarier fällt. Für den einen mag dies alles sicherlich dazu führen der Entscheidung über die Richtung der Politik noch mehr Bedeutung beizumessen. Viele hält aber gerade das auch vom Wählen ab.

Ein wesentlicher Effekt niedriger Wahlbeteiligung ist wohl glücklicherweise bei diesen Wahlen noch ausgeblieben. Niedrige Teilnahmezahlen an Wahlen bergen immer einen Vorteil für kleine Parteien. Hiervon hat bei diesen Wahlen auch die Linke nicht profitieren können.

Offensichtlich ist, dass die letzten vier Jahre in der großen Koalition sowohl der Union, als auch, in noch stärkerem Maße, der SPD geschadet haben. Für viele Konservative ist die Werbung der CDU mit dem Slogan „Die Mitte“ sicherlich ein Dorn im Auge. Denn diese neue Mitte, welche sich die Union da gesucht hat, ist wohl in weiten Teilen nichts anderes als ein großer ehemaliger Teil der SPD. Vor allem die CDU, aber auch die CSU ist eben in den letzten vier Jahren nach links in die Mitte gerutscht.

Für das konservative Lager bedeutet dies eine starke Einbuße an Profil und den Rückgang thematischer Trennschärfe gegenüber den politischen Gegenspielern. Für die Sozialdemokratie birgt dies aber noch wesentlich größere Probleme, da der linke Rand im Wesentlichen von der Linkspartei bedient wird. Die Grünen wiederum bilden durch den Verlust ihrer Kernthemen an die Programme aller anderen Parteien (und die daraus resultierende politische Beliebigkeit einer linken Partei) eine beachtenswerte Option für ehemalige SPD Wähler. So mancher prinzipientreuer Sozialdemokrat wird den Verlust seiner Ideale bei der SPD mit einem Kreuz bei den Grünen beantwortet haben. Inhaltlich gibt sich das nicht viel, aber Oppositionsparteien können sich eben nicht durch die Macht verbiegen lassen und außerdem ihre Ideen in aller Breite und Lautstärke propagieren. Dieses Mal vor allem auch sehr stark im Wahlkampf da ja klar war, dass sich für die Grünen im Grunde keine Option der Regierungsbeteiligung bieten würde.

Der größte Gewinner der Wahl ist die FDP. Obgleich sie eine enorme Anzahl neuer Stimmen aus dem konservativen Lager rekrutiert sorgt ihre Stärke doch für eine Mehrheit für Schwarz-Gelb im Bundestag. Gerade in dieser wirtschaftlichen Krisenzeit war es wohl zu erwarten, dass eine Partei, welcher die Wirtschaftspolitik nach wie vor als absolute Kernkompetenz zugeschrieben wird, zu den Gewinnern gehören wird.

Auch nicht zu unterschätzen sind die sehr guten Ergebnisse der Union im Bereich der Erststimme (die Union erreicht 218 von 299 Erststimmen-Mandate). Ein weitreichendes Stimmen-Splitting bei diesen Wahlen trägt einerseits mit zu dieser Stärke bei, andererseits sorgt es dafür, dass der 17. Deutsche Bundestag so viele Überhangmandate wie nie zuvor (voraussichtlich 24) haben wird.

Der zweite große Gewinner dieser Wahl ist wohl die sozialistische Linke. Fast jeder achte Bundesbürger hat der Nachfolgeorganisation der SED seine Stimme gegeben. 780.000 von ihnen haben zuvor noch die Sozialdemokratie gewählt. So sehr diese Zahl also besorgniserregend ist, so einfach ist sie zu erklären.

Was sollen wir von den nächsten vier Jahren nun erwarten? Man darf wohl davon ausgehen, dass die neue Bundesregierung unter Kanzlerin Angela Merkel eine ordentliche und solide Arbeit ableisten wird. Die dringendsten Probleme der nächsten Zukunft werden gewiss durch den Regierungswechsel nicht weniger agil und kompetent angegangen werden, als dies unter der großen Koalition vielleicht der Fall war. Viel interessanter ist, für mich, wie sich die Deutsche politische Kultur und die Parteienlandschaft angesichts des gestrigen Abends verändern wird.

Wir können getrost davon ausgehen, dass in naher Zukunft erhebliche personelle Konsequenzen in der SPD getroffen werden. Wir können wohl genauso davon ausgehen, dass sich auf Länderebene in nächster Zeit keine großen Erfolge für die SPD einstellen werden. Aber gerade das ist auch die Chance welche es zu nutzen gilt! Die Union einerseits hat nun die Gelegenheit wieder zu ihrem Profil einer bürgerlichen, konservativen Volkspartei zurückzukehren. Die FDP ist hierzu der einzig mögliche Partner zur Selbstreflexion, vielleicht auch zur Kontemplation (um ein schweres Wort zu gebrauchen), natürlich ohne jedoch die Verantwortung zu vernachlässigen. Die gleiche Gelegenheit bietet sich nun für die SPD sich in der Opposition neu zu positionieren, zu ihren Kernkompetenzen zurückzukehren, das Wort „Sozialdemokratie“ wieder mit Inhalt zu füllen und vor allem der Linkspartei einen erheblichen Wähleranteil wieder abzunehmen und zurück in das regierungsfähige, demokratische Lager zu holen.

Letztlich ist es ja vorrangig nicht das konservative oder das liberale Lager welches von einer schwachen SPD profitiert. Allein die Zahl der Nichtwähler unter ehemaligen SPD Wählern ist größer als die Zahl derer, die ihr Kreuz diesmal bei Union oder FDP gemacht haben. Mit einer re-profilierten SPD erhalten einerseits die Unions-Parteien einen Teil ihrer Stammwählerschaft zurück, andererseits erübrigt sich die Stärke der sozialistischen Protestpartei am linken äußeren Rand.

Was die Inhalte der Politik der nächsten vier Jahre betrifft gilt es die Koalitionsverhandlungen abzuwarten. Hier wird es wohl keine großen Überraschungen geben. Allein schon aufgrund der inhaltlichen Nähe der Koalitionspartner. Aber für die Entwicklung der Deutschen Politik und der Parteien kann dieses Ergebnis ein Befreiungsschlag sein.

Das Wohl und Wehe von Union und SPD in den nächsten Jahren hängt davon ab welche richtigen Schlüsse in den nächsten Tagen und Wochen aus dieser herben Niederlage der SPD und dem schwachen Abschneiden der CDU/CSU gezogen werden.

Auch wenn es hart klingt und auch sicher hart ist, Anhänger und Wähler der SPD können vielleicht genauso froh darüber sein, dass diese Partei nicht mehr an der Regierung beteiligt ist, wie es das bürgerliche Lager ob der anstehenden Schwarz-Gelben Regierung sein wird. Wir haben erlebt was vier Jahre Konturen verwischen aus der Politik gemacht hat. Hoffen wir, dass die kommenden vier Jahre der Neupositionierung und Kantenbildung zu einer neuen Stärke und Bürgernähe des demokratischen Diskurses führen werden!

Gruß.

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