Franz Beckenbauer sieht das geruhsame Altenteil in nicht mehr allzu weiter Ferne,
Uli Hoeneß will demnächst dessen Posten in Aufsichtsrat und Vereinsspitze übernehmen. Hat aber schon angekündigt, ein "sehr aktiver Präsident" sein zu wollen. Was durchaus eine Drohung ist.
Kalle Rummenigge und Karl
Hopfner wollen noch ein bisschen weitermachen als Vorstandvorsitzender und Finanzvorstand der FC Bayern AG. Was in diesen Zeiten langsam auch als Drohung zu verstehen sein könnte.
Nach dem Experiment
Klinsmann sollte wieder Ruhe und Besonnenheit in der
Säbener Straße einkehren.
Louis van
Gaal sollte die Mannschaft des FC Bayern München wieder mit einem sichbaren Konzept und Spielsystem und dem daraus resultierenden Erfolg ausstatten. Langfristig. Oder, mit dem neuen Lieblingswort der Politik und Wirtschaft ausgedrückt: Nachhaltig. Diese langfristige Planung scheint jetzt nach
gradmal einem halben Jahr zu Ende zu sein. Und der Status der Bayern aktuell ähnelt ihrem Status während dem
Klinsmann-Experiment zu dieser Zeit der Saison verblüffend, wenn auch auf eine andere Art.
Klinsmann hatte nie ein erkennbares Spielsystem gezeigt, van
Gaal wechselte seine Anfangsmannschaft so oft, dass es selbst
Rotations-Experte
Ottmar Hitzfeld durchdrehen lässt.
Klinsmann wurde von der Mannschaft nie ernst genommen und van
Gaal wird von ihr gefürchtet. Was beides zu
Authoritätsverlust führen kann, weil das renitente
Spielerpack heutzutage ja ihres Jobs relativ sicher sein kann, da ja immer nur die Trainer für die eventuelle Unfähigkeit ihrer Spieler büßen müssen. Bei den Roten
komt aber noch ein weiteres
Pack hinzu, das großen Anteil an der aktuellen Situation hat: Der Vorstand. Genauer:
Hoeneß und
Rummenigge.
Klar kann und darf man die Leistung dieser beiden nicht schmälern, vor allem die
Hoeneß'. Sein Lebenswerk ist unbestritten. Aber er ist drauf und dran, diesem Lebenswerk ein vorläufiges Abschlusskapitel anzufügen, das mit den Worten "Am Ende hinterließ er jedoch einen Scherbenhaufen..." beginnt. Und er ist selber ein Grund dafür. Für
Subtilität war er ja nie bekannt, aber es scheint, als hätte sich in der Vergangenheit eine nicht geringe Portion
Alterssturheit dazugemischt. Spätestens seit dem ersten Abgang
Hitzfelds zeigt es sich, dass seine Treffsicherheit bei Spieler- und Trainertransfers ziemlich nachgelassen hat. Felix
Magath ließ nicht so spielen und arbeitete nicht so, wie es die
Vorstandschaft es haben wollte und musste trotz Erfolges (zweimal Meister und Pokalsieger immerhin) gehen. Das Experiment
Klinsmann wurde großartig angekündigt und als große Wende in die Zukunft verkauft, die aber auch nach spätestens einem Vierteljahr endete, als der Vorstand es nicht mehr aushielt und anfing
Klinsmann in vielen Dingen reinzureden, bis hin zur Taktik und Mannschaftsaufstellung. Damals schon dachte ich mir, dass ein richtiger Trainer sich
sowas nie gefallen lassen würde. Und auch van
Gaal muss die Eitelkeiten und das
Geltungsbedürnis der
Vorstandschaft jetzt spüren:
Hoeneß schreibt ihm jetzt schon öffentlich vor, dass er gefälligst
das System zu spielen hat, das
Hoeneß und
Rummenigge sehen wollen.
Hoeneß sitzt zwar jetzt auf der Tribüne, steht aber in Gedanken immer noch neben dem Trainer. In jeder Hinsicht. Wie soll ein Trainer da ungestört arbeiten, wenn ein offenbar immer
geltungssüchtigerer und abgehobener Vorstand es nicht lassen kann, sich einzumischen?
Der Eindruck, dass
Hoeneß die Bodenhaftung auch im Umgang mit der Mannschaft immer mehr zu verlieren scheint, zeigte sich auch in seiner Reaktion auf die
Fundamentalkritik Philipp Lahms. Natürlich hat Lahm mit dieser Art von öffentlicher Kritik gegen interne Regeln des Vereins verstoßen und deshalb auch seine Strafe kassiert. Aber das war ihm vorher auch schon klar. Das ändert immer noch nichts an der Tatsache, dass Philipp Lahm mit seinen angeführten Kritikpunkten absolut richtig gelegen hatte. Dass er, um diese Punkte vorbringen zu können, in die Öffentlichkeit gegangen ist, anstatt direkt zum Vorstand (was dieser ja angeblich begrüßt), zeigt meiner Meinung nach, dass Lahm genau wusste, wie der Vorstand reagiert hätte: Sie hätten ihm wahrscheinlich höflich zugenickt, linkes Ohr rein - rechtes raus, tschüss Philipp, schön, dass du da warst. Es sagt einiges über
Lahms Charakter aus, dass er den Ärger in Kauf genommen hat um mit dieser Kritik etwas beim FC Bayern auslösen zu wollen. Und es sagt einiges über
Hoeneß Charakter dieser Tage aus,
wie er darauf reagiert hat.
Vieleicht hat
Hoeneß recht und es war auch ein bisschen
Profilierungsstrategie dahinter, aber
nichtsdestotrotz kann man in diesem Interview den Eindruck bekommen, dass der Zug des Zeitgeistes im Fußball langsam an ihm vorbei gefahren ist. Und er es noch nicht bemerkt hat. Stichwort
Alterssturheit.
Rummenigge hat jedenfalls um einiges besser reagiert. Stattdessen wird über langjährige Trainer gespottet, die aber wenigstens eine klare Philosophie und ein Konzept haben und über Jahre hinweg konstante Leistung abliefern. War
Wenger nicht mal
Hoeneß' Lieblingstrainer? Ach ja, nebenbei beleidigt er noch einen ehemaligen Bayernspieler.
Die kommende Generalversammlung der FC Bayern München könnte jedenfalls recht interessant werden, Potential für einen weiteren
Hoeneß-
Austraster ist genug vorhanden. Aber er sollte besser ruhig und aufmerksam zuhören, wenn Vereinsmitglieder aus gutem Grund ihre Kritik äußern. Und wenn van
Gaal gehen muss, wer soll dann kommen? Das ist eine Frage, auf die ich spontan keine
antwort habe.
Labels: Purer Narzissmus
Die größte personelle Fehlentscheidung beim FC Bayern ist für mich immer noch Ma'jo Pommez.